Professorin Dr. Annette Tietenberg

Alfried Krupp Senior Fellow 
(April - September 2014)

  • Geboren 1964 in Mönchengladbach 
  • Studium der Kunstwissenschaft und der Neueren deutschen Philologie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und an der Technischen Universität Berlin 
  • Professor für Kunstwissenschaft mit dem Schwerpunkt Kunst der Gegenwart an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig 

Fellow-Projekt: "Die Signatur als Authentifizierungsstrategie in der Kunst der Gegenwart und im Design"

Für die Kunstgeschichtsschreibung war und ist die Signatur – neben historischen Quellen und stilistischen Vergleichen – ein wichtiges Instrumentarium für Zuschreibungen. Dies lässt sich nicht zuletzt an der Vielzahl von Signatur- und Monogrammkatalogen ablesen, die publiziert wurden, um das Zusammentragen von verstreuten Werkkonvoluten zu erleichtern, vor allem aber, damit jene, die im „vergleichenden Sehen“ geübt sind, die „Fälschung“ vom „Original“ unterscheiden können. Die Unterschrift des Künstlers dient dabei als Indiz in der Argumentationskette eines Echtnachweises. Ergänzend zu den bislang vorliegenden Ergebnissen erforsche ich die Signatur im Kontext von Autorschaftsmodellen in der zeitgenössischen Kunst und im Design. Denn im 20. und 21. Jahrhundert ist die Künstlersignatur weit mehr als eine tradierte Beglaubigungspraxis: Künstlerinnen und Künstler setzen Signaturen gezielt als Authentifizierungsstrategie ein. Mithilfe von Verschiebungen, Ironisierungen und Poetisierungen verwandeln sie die Signatur in ein Medium, das sprachliche Kommentierungen, selbstreflexive Äußerungen und institutionenkritische Randbemerkungen zulässt. Im Kontext des Designs hingegen verweist die Signatur auf eine bislang noch kaum reflektierte Interdependenz von Serienproduktion und Autorschaft. Die Signatur, einst in der Kunst als Garant von Einmaligkeit und als Zeichen des Anwesend-Gewesen-Seins in einem vergangenen Jetzt gefeiert, wird im Design mit Hilfe von Gussformen, Pressen, Stanzen, Plottern und Webmaschinen in beliebiger Anzahl vervielfältigt undGegenständen aufgedrückt, eingraviert und implementiert – selbst dann noch, wenn ihr „Schöpfer“ selbst bereits das Zeitliche gesegnet hat. Damit sollen Ideenklau und Plagiate unterbunden oder zumindest erschwert werden. Doch das ist es nicht allein. Die reproduzierbare Signatur ist Sinnbild jener Paradoxie, die mit der industriellen Revolution Einzug gehalten hat. Wiewohl selbst ein Produkt der Wiederholung, beharrt die reproduzierbare Signatur darauf, dass es das Einmalige einmal gegeben haben muss. 

Fellow-Bericht im Studienjahr 2013/14