Professorin Dr. Christine Gerber

Alfried Krupp Senior Fellow
(Oktober 2017 - März 2018) 

  • Geboren 1963 in Hamburg
  • Studium der Evangelischen Theologie in Tübingen, Jerusalem, München; Promotion in München (LMU), Habilitation in Berlin (HU)
  • Professorin für Neues Testament am Fachbereich Evangelische Theologie, Fakultät für Geisteswissenschaften der Universität Hamburg

Fellow-Projekt: „Theologische Wahrheit in erfundenen Briefen. Kommentierung des neutestamentlichen Epheserbriefes und Grundlegung einer Methode zur Auslegung pseudepigrapher Paulusbriefe als „Brieffiktion““

Die Schrift, die im Neuen Testament als Brief des Apostels Paulus an die Epheser überliefert wird, ist nach historisch-kritischer Exegese weder von Paulus noch an die Gemeinde von Ephesus gerichtet. Vielmehr dürfte sich ein frühchristlicher Theologe etwa 30 Jahre nach dem Tod des Paulus dessen Namen und Rolle geliehen haben, um unter Verarbeitung älterer Paulusbriefe eine aktualisierte Version des paulinischen Evangeliums zu entwerfen. Während die übliche Exegese die Frage nach der Entstehung und die hypothetische intentio auctoris zum Maßstab der Auslegung macht, möchte ich in meinem Greifswalder Projekt den pseudepigraphen Charakter ernst nehmen – der reale Autor will eben nicht zum Deutungspol werden! – und damit die Fiktionalität des Briefes. Methodologisch reichen die etablierten historisch-kritischen Fragestellungen hier nicht. Ich möchte ausgehend von der Fiktionalitätsforschung und den Kriterien der Erzähltextanalyse eine Methodologie entwickeln und in der Kommentierung des Epheserbriefs für die Reihe „Ökumenischer Taschenbuchkommentar“ umsetzen. Dabei werden die Autorfiktion, Fokalisierung, Leerstellen etc. in ihrer Wirkung auf die implizite Lektüre sichtbar. So zeigt sich, dass der Text Menschen unterschiedlicher christlicher Traditionen – jüdischer und nichtjüdischer – gleichermaßen ansprechen und mittels der Lektüre desselben Textes „ökumenisch“ verbinden kann.

Fellow-Bericht im Studienjahr 2017/18