Professor Dr. Martin Wrede

Alfried Krupp Senior Fellow
(Oktober 2017 - September 2018) 

  • Geboren 1969 in Großburgwedel (b. Hannover)
  • Studium der Geschichte und Romanistik in Marburg, Nantes und Münster
  • Professor für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität Grenoble

Fellow-Projekt: „Natur des Krieges – Kultur der Krieger. Normen und Realitäten frühneuzeitlicher Kriegführung in Europa und Übersee nach dem Westfälischen Frieden (1648)“

Eine der (wenigen) weiterhin gültigen Meistererzählungen auf dem Feld der Neueren Geschichte ist die von der zunehmenden Hegung des Krieges nach 1648. Die Last der Kriegsanstrengungen einerseits, der Effekt von Grausamkeit und Gewalt andererseits hätten die europäischen Mächte bewogen, hinfort der Kriegführung Regeln zu geben. Die hohen Kosten der Stehenden Heere hätten einen zurückhaltenderen Umgang mit der Ressource Mensch bewirkt. Der Wille zu Einrichtung und Aufrechterhaltung von Ordnung und Disziplin habe Exzessen vorgebeugt. Schließlich seien ständische Solidarität adeliger Offizierskorps oder aber mangelnde Loyalität geworbener bzw. gepresster Soldaten Faktoren gewesen, die eine Eskalation von Kriegshandlungen notwendig gehemmt hätten. All dies habe Kriege des Ancien Régime zu geradezu „arkadischen“ Veranstaltungen gemacht (F. Cardini). Die „totale“ Kriegführung von Revolution oder aber Napoleonzeit sei demgegenüber darum als etwas vollkommen Neues anzusehen (J. Y. Guiomar bzw. David Bell).

Solche Anschauungen sind keineswegs falsch, sie bezeichnen wichtige Grundzüge der jeweiligen Verhältnisse und Entwicklungen. Dabei aber sollte man ein gutes Stück nuancieren: Das militärische Denken des Ancien Régime kreiste um Effizienzsteigerung und in der Praxis erzielte man sie auch. Technischer und organisatorischer Fortschritt ermöglichten etwa die Verwüstung der Pfalz (1690), die Beschießung und Zerstörung Brüssels (1695) oder Dresdens (1760). Daneben aber war der scheinbar geordnete, regelgebundene Krieg des späten 17. und des 18. Jhs. keineswegs so „gehegt“ oder „symmetrisch“ wie spätere Historiographien sich dies vorstellten: Regelverstöße, Terror, Grausamkeit gehörten dazu, waren „eingepreist“ sowohl von der Theorie als auch in der Praxis. Hierbei spielte die Konfrontation mit nichteuropäischen Mächten eine Rolle. Aus den Türkenkriegen übernahm man wichtige Impulse. Und nicht zu vergessen sind auch die Konflikte in Übersee, in denen es nicht unbedingt nur darum ging „europäische“ Kriegführung zu exportieren, sondern sich der einheimischen anzupassen. – Dem Projekt geht es darum, diese Nuancierung zu leisten.

Fellow-Bericht im Studienjahr 2017/18