Scheinwerferlicht und blinde Flecken – Wie Deutschland und Polen einander (nicht) sehen

Ende 2022 scheinen die deutsch-polnischen Beziehungen in einer tiefen Krise. Im Kontext des russischen Krieges gegen die Ukraine erntet Deutschland aus Polen massive Kritik für seine verfehlte Russlandpolitik und das wiederholte Zögern bei der militärischen Unterstützung der Ukraine. Zudem erhob die polnische Regierung erstmals offiziell Reparationsforderungen an Deutschland für die während des Zweiten Weltkriegs erlittenen Schäden und Verluste. Und selbst wohlwollenden Kommentatoren gilt Deutschland derzeit als Land, das dem selbsterklärten Führungsanspruch hinterherläuft und sich trotz selbst eingestandener Fehler nur bedingt lernbereit zeigt. Umgekehrt erscheint Polen aus deutscher Perspektive häufig als Störenfried innerhalb der Europäischen Union, der durch Verstöße gegen das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, die zunehmende Verschärfung der Gesetzgebung zum Schwangerschaftsabbruch und die Diffamierung von LGBT-Personen negativ in Erscheinung tritt. Hieran konnte auch die kurzzeitige Bewunderung angesichts der polnischen Willkommenskultur gegenüber Millionen ukrainischer Kriegsflüchtlinge kaum etwas ändern. Die diesjährige Deutsch-Polnisch Rede will einen genaueren Blick auf die genannten Themen werfen, die im Scheinwerferlicht der deutsch-polnischen Beziehungen stehen, gleichzeitig aber auch die blinden Flecke sichtbar machen und somit nachzeichnen, wie Deutschland und Polen einander (nicht) sehen.

Bastian Sendhardt ist Diplom-Politikwissenschaftler. Er studierte Politikwissenschaft und Philosophie in Erlangen, Bielefeld und Krakau. Seit Mai 2020 ist er im Berliner Büro des Deutschen Polen-Instituts tätig. Zuvor arbeitete er für das Warschauer Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung und das Aleksanteri-Institut für Russland- und Osteuropastudien in Helsinki. Daneben nahm Bastian Sendhardt Lehraufträge an der Universität der Bundeswehr München und der Universität Helsinki wahr.

Mit dem Förderpreis wird vorzugsweise die Forschungsarbeit junger Wissenschaftler*innen aller Disziplinen ausgezeichnet, die im Rahmen einer deutsch-polnischen Zusammenarbeit entstanden ist oder einen bedeutenden Beitrag zum Bereich der deutsch-polnischen Beziehungen leistet; der Förderpreis kann auch als Anerkennung für Verdienste um die Intensivierung der Kooperation mit polnischen Institutionen an der Universität Greifswald und in ihrem direkten Umfeld verliehen werden.

Moderation: Professor Dr. Andreas Ohme


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