Dr. Martin Hoffmann

Alfried Krupp Junior Fellow 
(April - September 2009)

  • Geboren 1973 in Osterode am Harz 
  • Studium der Psychologie und der Philosophie in Würzburg und Hamburg 
  • Lehrbeauftragter am Institut für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin, Universitätsklinikum Münster 

Fellow-Projekt: "Menschliche Individualität – ein wichtiger, aber bisher vernachlässigter Aspekt des Personbegriffs und seine Relevanz für die Medizinethik"

Menschen unterscheiden sich untereinander hinsichtlich vieler Eigenschaften. Sie entwickeln spezifische Vorlieben, Gewohnheiten, intellektuelle oder praktische Fertigkeiten und verfolgen in ihrem Handeln eigene, zum Teil langfristig angelegte Ziele. All dies macht das aus, was man gemeinhin als menschliche Individualität bezeichnet. 
Prima facie ist dieses Thema in der Philosophie fest verankert – in der biomedizinischen Ethik gibt es eine Debatte um den Personbegriff, in der Philosophie des Geistes eine Kontroverse um personale Identität. Dieser Eindruck aber täuscht. Die aktuellen philosophischen Debatten konzentrieren sich auf die Fragen, inwiefern ein sich entwickelndes (ein sich also veränderndes) menschliches Lebewesen über die Zeit hinweg dieselbe Person bleibt, wann ein Mensch beginnt und wann er aufhört als Person zu existieren und welche Eigenschaften eine Person zu einer Person machen. Der Begriff menschlicher Individualität dagegen thematisiert nicht die Eigenschaften, die wir als Personen allegemeinsam haben, sondern diejenigen Eigenschaften, hinsichtlich derer wir uns voneinander unterscheiden. Interessanterweise liegen nun zum Thema der interindividuellen Unterschiede in der empirisch forschenden Psychologie umfangreiche Forschungsergebnisse vor. 
Vor dem Hintergrund dieses Diskussionstands ergibt sich die interdisziplinäre Anlage meines Forschungsprojekts. Das Hauptziel des Projekts besteht in der Erarbeitung einer philosophisch befriedigenden Theorie menschlicher Individualität. Aus dieser Zielsetzung resultieren zwei Kernaufgaben: Erstens gilt es, eine Explikation des Begriffs menschlicher Individualität vorzulegen, die im Licht der aktuellen empirisch-psychologischen Forschungsergebnisse eine systematische Einordnung dieses Begriffs in die philosophischen Debatten um die verwandten Begriffe Person und personale Iden­tität ermöglicht. Individualität in diesem Sinn ist mehr als nur irgendein akzidentelles Merkmal des Menschen. Vielmehr erfasst menschliche Individualität nahezu alle Bereiche menschlichen Denkens, Fühlens und Handelns. Dies bringt es mit sich, dass diese Eigenschaft des Menschen für viele ethische Fragestellungen relevant ist. Die zweite Kernaufgabe besteht deshalb in der Aufklärung der moralischen Implikationen des Individualitätsbegriffs. Diese analysiere ich anhand einiger paradigmatischer Themen der biomedizinischen Ethik. Einschlägig ist hier zunächst die Kontroverse um den Status der Patientenautonomie im Zusammenspiel der unterschiedlich zu gewichtenden moralischen Rechte und Ansprüche, die das Arzt/Patient-Verhältnis prägen. Weiterhin gibt es enge Beziehungen zu den Themen: Anspruch auf Wahrung persönlicher Integrität, Freiheit des Einzelnen und Recht auf individuelle Selbstbestimmung. 

Fellow-Bericht im Studienjahr 2008/09