Rechtsrevolutionen. Die Verschränkung von Repression und Emanzipation in der Evolution des modernen Rechts

Philosophen, Juristen und politische Akteure aus der Epoche der französischen und amerikanischen (atlantischen) Revolutionen des späten 18. Jahrhunderts haben das Recht als Freiheit verstanden. Dieses „paradoxe“ Rechtsverständnis bestimmt seitdem die Verfassung des demokratischen Rechtsstaats. Es geht auf eine lange Entwicklungsgeschichte der westlichen Rechtstradition zurück, in der die Päpstliche Revolution des späten 11. Jahrhunderts eine Schlüsselstellung einnimmt. Sie besteht in der höchst unwahrscheinlichen Synthese des sakralen, durch universalistische und egalitäre Erlösungserwartungen bestimmten Rechts mit dem technisch neutralisierten, bürgerlichen Zivilrecht des alten Römischen Reiches, das ein reines Koordinationsrecht der herrschenden Klassen des Imperiums war. Die eigentümliche Verbindung von Emanzipation und Repression im öffentlichen Recht Europas ist heute, am Ende der „zweiten Achsenzeit“ (Michael Geyer), unter den Druck einer Globalisierung geraten, die durch die emanzipationsferne Konstitutionalisierung von Privateigentum (Hayek), Privatrecht (Teubner) und „Legal Dynamism“ (Koskenniemi) bestimmt ist.

Hauke Brunkhorst ist seit 2017 Senior-Professor für Soziologie an der Europa-Universität Flensburg, von 1996 bis 2016 wirkte er dort als Professor für Soziologie. Zu seinen zahlreichen Veröffentlichungen gehören u.a. „Das doppelte Gesicht Europas - Zwischen Kapitalismus und Demokratie“ (Frankfurt: Suhrkamp 2014) und „Critical Theory of Legal Revolutions – Evolutionary Perspectives“ (New York/London: Bloomsbury 2014).

Moderation: Maik Wöhlert


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