2 Minuten mit Privatdozent Dr. Torben Lütjen

In meinem Projekt geht es um radikale politische Seitenwechsel von Intellektuellen und politischen Führungsgruppen: ideologische Kehrtwenden, die in entgegengesetzte politische Lager führen und mit einer umfassenden Neuordnung der Weltsicht verbunden sind. Seine Relevanz erhält dieses Projekt vor allem durch die Tatsache, dass Konvertiten zu den unterschätzen Figuren des Zeitalters der Ideologien gehören: Insbesondere in der Gründungsphase politischer Bewegungen sind sie häufig konstitutiv, ihr Seitenwechsel oft ein Signal für umfassendere globale politische Tendenzwenden – die fast immer von links nach rechts verlaufen. In diesem Sinne soll meine Untersuchung, neben der Erforschung eines bisher kaum beachteten Phänomens, auch einen wichtigen Beitrag zu den politischen Umbrüchen des 19. und 20. Jahrhundert liefern. Es geht dabei explizit um Konversion als Gruppenphänomen. Die Beispiele sind bewusst historisch weit gestreut: Enttäuschte Jakobiner, die über die deutsche Romantik zum Konservativismus finden; französische und italienische Kommunisten, die in den Zwischenkriegsjahren maßgeblich die faschistischen Parteien und Bewegungen ihrer Zeit mitgründen; wiederum ex-Kommunisten und ex-Trotzkisten, die in den 1950er Jahren in elementarer Weise die ideologische Ausrichtung des US-amerikanischen Konservativismus prägen; schließlich die Angehörigen der Generation „1968“, die heute die „Neue Rechte“ prägen. Diesen und anderen Intellektuellenzirkeln und politischen Führungsgruppen will sich mein Forschungsprojekt widmen, um in einem breiten historischen Längsschnitt die Ursachen, Kontextbedingungen, Verlaufsformen und auch Konsequenzen politischer Konversionen zu untersuchen.

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